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Beim Studium der Anatomie des menschlichen Körpers kommt man immer wieder ins Staunen.
Seine Komplexität ist, gerade zu Anfang, überwältigend.
Sie scheint endlos, alles sieht auf den ersten Blick unglaublich chaotisch und ähnlich aus und bei genügend sorgsamer Untersuchung stellt sich heraus, dass wirklich alles einen Sinn und Funktion hat. Die Natur ist meisterhafter Mechaniker, Statiker, Sanitär- und Elektroinstallateur, Physiker, Chemiker, Informatiker und noch vieles mehr. Dabei bringt sie aus toter Materie ein fühlendes, denkendes und sich seiner Existenz bewusstes Wesen hervor.
Jeder Mensch ist ein Meisterwerk.

Andrew Still war ein Landarzt in den Vereinigten Staaten Amerikas im späten 19. Jahrhundert, eine Zeit in der die USA geprägt waren vom Konflikt zwischen Nord- und Südstaaten und kleinen lokalen, christlichen Gemeinden. Medizinischen Methoden die aus Unkenntnis oft nur wenig halfen und Quacksalberei waren häufig.
Erfahrungen im Kriegslazarett und der Verlust dreier Kinder durch Infektionen trieben Still an nach besseren Methoden zu forschen.

In der Auseinandersetzung mit dem in der weissen Welt bekannten medizinischem Wissen und traditioneller Heilkunde lokaler Ureinwohner fand er seinen besten Ansatz darin, die einzelnen Teile des Körpers so gut zu kennen und zu verstehen, dass ihm sich erschloss wo eine Funktionseinschränkung dazu führt, dass der Körper sich nicht mehr selber helfen kann – um dann helfend einzugreifen. Heute ist der Umstand dass ein Arzt umfassendes Wissen über den Körper haben soll eine Selbstverständlichkeit, doch damals war seine Entschlossenheit dieses Wissen zu erlangen revolutionär.

Der Begriff den er später für diese neue Herangehensweise prägte, ‘Osteopathie’, ist etwas irreführend, da alle sichtbaren und tastbaren Teile der Anatomie eine Rolle spielen. Das heisst Knochen, Knorpel, Bänder, Sehnen, Muskeln, Arterien, Venen, Lymphbahnen, Organe, Häute, und noch mehr. Das Zusammenspiel dieser vielen Teile sind das Behandlungsobjekt des Osteopathen, seine Werkzeuge sind seine blossen Hände.

Durch das Wissen wo eine Struktur liegt, wie sie verläuft, was sie macht und welche Faktoren auf sie Einfluss nehmen können, kann der Osteopath Verklebungen, Blockierungen, Fehlstellungen und Bewegungseinschränkungen auffinden und behandeln.

Darin unterscheidet sich der Osteopath von anderen medizinischen Fachrichtungen, die sich meist auf einzelne Körperteile, Regionen, Gewebe oder Krankheiten spezialisieren. Der Allgemeinarzt kümmert sich noch um den ganzen Mensch, verschreibt aber meist nur Medikamente. Der Osteopath ist der allgemein gebildete Mediziner, der weiss, wie er mit seinen Händen behandeln kann. Dabei ist der Bewegungsapparat oft sehr wichtig (darum der Name Osteopath), aber nicht ausschließlich.

Mobilisationen

Gelenke und Organe, Gefäße und Nerven können verkleben oder Bewegungseinschränkungen erleiden. Wenn diese Festigkeiten mild sind, oder der Patient gebrechlich, dann kommt die sanfte Methode der Mobilisation in Frage, um mit rhythmischen, kreisenden Bewegungen die jeweilige Struktur wieder zu lösen.

Manipulationen

Sollten die Einschränkungen hart und der Patient ansonsten gesund sein, bietet es sich an Gelenke der Extremitäten oder der Wirbelsäule erst an ihr Bewegungsende zu führen und dann mit einem kurzen Ruck zurück in ihr normales Bewegungsmuster zu bringen. Diese Techniken wurden schon zu Lebzeiten Stills von einem seiner Schüler in eine eigene Therapierichtung, die Chiropraktik, überführt. Chiropraktik konzentriert sich alleine auf den Bewegungsapparat. Osteopathie geht davon aus, dass dieser Ansatz unterkomplex ist und beachtet den Einfluss aller bekannten Strukturen aufeinander.

Muscle Energy Technics

In dem Gelenke in eine bestimmte Position gebracht werden und der Patient mit leichter Kraft dagegen anspannt, können auch durch Muskelzüge des eigenen Körpers Korrekturen erzeugt werden.

Reflexpunkte

Durch Drücken und Halten von Punkten die entspannende Wirkung auf davon entfernte Regionen haben, können Muskelanspannungen gelindert und vegetative Reaktionen eingeleitet werden. Dieser Ansatz ist der Akupunktur ähnlich.

Durch das Wissen wo eine Struktur liegt, wie sie verläuft, was sie macht und welche Faktoren auf sie Einfluss nehmen können, kann der Osteopath Verklebungen, Blockierungen, Fehlstellungen und Bewegungseinschränkungen auffinden und behandeln.